Schlagwörter
Asperger-Syndrom, Autismus, Entscheidungen, Erstarrt-Sein, Funktionieren, Handlungsunfähigkeit, Konsequenzen
Was sind das für Worte?
Ich verstehe sie nicht. Verstehe nicht, was sie bedeuten.
Will sie auch nicht verstehen, weil es neue Angstworte sind.
Keine guten Nachrichten.
Das spüre ich.
Die Hände halten nicht still, während ich meine Brille im Wohnzimmer suche.
Am liebsten würde ich das Blatt zerreißen.
Und mich zurückziehen. Ganz zurückziehen.
An einen Ort, den niemand kennt außer mir.
Aber ich kann das Gelesene nicht zerreißen, weil es bereits in mein Innen-Sein gedrungen ist und in meinem Fühlen ein weiteres Durcheinander auslöst.
Ich bin viel zu erschöpft, um noch einen Stressfaktor ertragen zu können.
Erstarrt-Sein breitet sich in mir aus.
Ein Erstarrt-Sein, welches mich von dem Außen und einem Zuviel neuer Angstworte trennt.
Mein Innen-Sein nimmt das Außen nicht mehr wahr. Auch nicht die Schmerzen, die mir das Außen eben noch zugefügt hat. Aber ich kann auch nicht handeln, nicht auf die Worte reagieren, so lange der Kontakt nicht besteht zwischen Innen und Außen.
Alles bleibt liegen. Auch Wichtiges.
Ich schaffe es nicht.
Alles in mir ist erstarrt.
Das Denken ist zu blockiert, um jegliches Handeln steuern zu können.
Auch Bewegungen nicht.
Jeder Schritt kostet Kraft. Zu viel Kraft.
Ich spüre mich selber kaum noch. Ich habe keine Außenwahrnehmung mehr.
Existiere im Außen nicht mehr. Nur im Innen-Sein.
In einem Innen-Sein, das durcheinander geraten ist.
In einem Innen-Sein, das ich erst neu ordnen muss.
Ordnung ist wichtig, damit ich wieder etwas habe, woran ich mich festhalten kann.
Aber wie soll ich Ordnung schaffen in einem Fühlen, das überfordert ist von Worten, die mich überrannt haben, bevor ich ihren Sinn überhaupt erfassen konnte?
Ich werde nichts unterschreiben, bevor ich nicht weiß, welche Konsequenzen das für mich hat. Aber wenn ich meine Einwilligung verweigere, wird auch das Konsequenzen haben.
So zumindest steht es in dem Brief.
„Ich nehme zur Kenntnis, dass ich diese Einwilligung verweigern darf.“
Ich darf die Einwilligung verweigern, wenn ich mir selber schaden will.
Wenn ich die aus der Verweigerung resultierenden Konsequenzen, die im nächsten Satz genannt werden, in Kauf nehme.
Ich kann also nicht selber entscheiden, sondern werde gezwungen.
Ich habe keine Wahl. Wieder einmal nicht.
Die Entscheidung haben andere über meinen Kopf hinweg längst getroffen.
Wenn ich mich wehre, schade ich mir damit selber.
Wenn ich mich nicht wehre, werden ebenso Dinge geschehen, die ich nicht will, aber die ich trotz allem nicht werde verhindern können.
Schreien möchte ich, aber alles bleibt in mir.
Nichts dringt von meinem Fühlen nach außen.
Das Funktionieren ist ein mechanischer Vorgang, der nur alltägliche Routinen beinhaltet und keine Entscheidungen fordert oder die Auseinandersetzung mit neuen Handlungsabläufen.
Ich funktioniere weiter, nach außen so, als wäre nichts geschehen.
Sie sehen nicht, was in mir ist.
Und ich kann es ihnen nicht zeigen.
Nicht einmal sagen kann ich es, weil mir die entsprechenden Worte fehlen.
Weil den Worten der Ausdruck meines Fühlens fehlt.
Die Worte zu sachlich sind, um zu vermitteln, was in mir ist und so alles in mir bleibt.
In dem Erstarrt-Sein, welches mich vom Außen trennt.
Welches mir unmöglich macht, zu handeln und Entscheidungen zu treffen.
Auch jene nicht, die in dem Brief von mir innerhalb einer vorgegebenen Frist verlangt werden.
Für mein Erstarrt-Sein gibt es keine Frist.