Phase 1 – die Reizüberflutung
Seit Tagen ist es heiß. Heiß und unerträglich schwül. Die Kleidung klebt auf der schwitzenden Haut, genauso wie meine Haare, die ständig nass sind – auch in der Nacht. Dieses Gefühl ist nicht auszuhalten, macht mich unruhig. Ich möchte, dass es aufhört, sofort aufhört. Es muss aufhören. Muss aufhören, weil ich es nicht mehr ertrage. Weil es mich aggressiv macht dieses Gefühl, den ganzen Tag über jede einzelne Schweißperle auf der Haut zu spüren. Es ist ein ständiges Kribbeln und Kitzeln, welches durch die am Körper klebende Kleidung noch verstärkt wird. Meine Haare stören so sehr, dass ich sie mir am liebsten abschneiden möchte. Immer wieder haften sie auf der Haut, so dass ich permanent damit beschäftigt bin, sie aus dem Gesicht oder von den nackten Oberarmen zu entfernen. Ich bin erschöpft von der Hitze und der taktilen Reizüberflutung. Aber schlafen kann ich in der überhitzten Dachwohnung nicht. Im Viertelstunden-Rhythmus schaue ich auf den Radiowecker. Auch um drei Uhr nachts hat es kaum abgekühlt. Meine Haare kleben am mittlerweile nassen Kopfkissen und meine Arme und Beine kribbeln, als liefen tausend Ameisen darüber. Ich wühle mit dem Kopf hin und her, um mich zu beruhigen. Ich will schlafen, endlich schlafen, weil ich total übermüdet bin. Doch solange die Hitze meinen Körper überreizt, komme ich nicht zur Ruhe. Im Gegenteil. Das Hautkribbeln und Kitzeln dringt in mein Innen-Sein und bringt mich an die Grenze des Ertragbaren.
Phase 2 – die eingeschränkte Funktionsfähigkeit
„Kind, da müssen wir alle durch.“, versucht mein Vater, mich am Telefon zu beruhigen.
Ja, ich muss da durch. So, wie die anderen Menschen auch. Aber ich weiß nicht wie. Meine Funktionsfähigkeit ist nur noch minimal. Ich starre an die Wand und wünsche mir Schnee. Oder zumindest ein Gewitter, welches mit dem Regen Abkühlung bringt. Ich brauche dringend eine Abkühlung, damit das ständige Kribbelkitzeln auf meiner Haut aufhört und ich wieder schlafen kann. Stattdessen wird es noch schwüler und heißer. Die Luft bewegt sich nicht. Ich bin wie gelähmt. Kann mich weder konzentrieren noch handeln. Nur auf meinem Bett sitzen und schweigen. Zum Glück habe ich keine wichtigen Termine.
Phase 3 – Selbstgespräche und Schimpfen
Am Nachmittag ist die Grenze des Erträglichen überschritten. Ich kann nicht mehr stillsitzen, muss mich bewegen, muss etwas tun gegen das Kribbelkitzeln und die an meinem Körper klebende Kleidung und Haare. Ich laufe vom Wohnzimmer in die Küche und zurück – immer und immer wieder. Der Druck in meinem Innen-Sein ist unerträglich. Das Unwohlsein und das Zuviel an Reizen durch die Hitze findet laute Worte. Monologe Worte. Worte, die ich nicht mehr aufhalten kann. Doch das Schimpfen erschöpft mich nach kurzer Zeit. Und die Reizüberflutung bleibt, weil die Worte nichts ändern an der Schwüle und es keinen Weg gibt aus der Situation gibt, solange die Hitze andauert.
Phase 4 – Der Zusammenbruch
Ich kann nicht mehr. Will schreien, einfach nur noch schreien. „Aufhören, aufhören!“ hämmert es in meinem Kopf. Ich darf nicht schreien. Bloß nicht schreien. Ich muss Rücksicht nehmen, vor allen Dingen auf meinen Sohn, der mit meinem Schreien überfordert wäre. Aber was soll ich tun? Mein Fühlen ist kaum noch zu ertragen. Genauso wie die Hitze und die verschwitzte Kleidung, die an meinem Körper klebt. Dann bricht es aus mir heraus, das Weinen, das mehr ein Knatschen ist. Ein Knatschen, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Es ist nicht mehr zu stoppen. Ich habe keine Kontrolle mehr über den Druck in meinem Innen-Sein. Ich werfe mich auf mein Bett und heule wie ein kleines Kind. Ich suche nach Halt. Halt, den mir in solchen Situationen mein Kuscheltier gibt. Aber durch die schwüle Wärme gibt der Plüschsaurier keinen Halt, weil er noch mehr Hitze abgibt und kein sicherheitsbringendes Wohlfühlen erzeugt. Das Einzige, was noch hilft, ist das Hin- und Herwühlen mit dem Kopf, bis das Heulen nach über einer Stunde nachlässt. Ich werde mindestens einen Tag benötigen, um mich zu erholen. Und ein Kühle bringendes Gewitter, welches die Reizüberflutung endlich beendet. Ich möchte mich nicht damit auseinandersetzen, was in mir geschieht, wenn die Hitze bleibt. Dazu habe ich keine Kraft mehr.
ich hab es im grunde sehr gerne warm, aber die derzeitige lange hitze in ähnlicher höhe wie meine körpertemperatur bringt auch mich an die grenze meiner belastbarkeit. auch ich bin sehr froh, dass ich derzeit kaum offizielle termine habe und öfter den ganzen tag in der abgedunkelten wohnung bleiben kann.
ich wohne unterm dach und mach’s ähnlich wie „Birke“, kühle von außen. zusätzlich mehrmals täglich lauwarm duschen – ohne seife einfach den schweiß abbrausen, auch die haare nass – und die verdunstungskühle genießen. ich trage im haus nur ein leicht-locker seidenes unter- oder nachtkleid und hab mir auch schon eiswürfel ins decolleté gesteckt. *verschämtguck*
mir und meinem laptop habe ich je einen ventilator gegönnt. das kühlt den arbeitsplatz.
ansonsten:
atmen und aushalten.
langsam sein (dürfen). schnee visualisieren.
wenn der overload zuviel wird, so gut es eben geht darauf achten, dass ich mich nicht zusätzlich noch selbst verletze. es gelingt mir nicht immer.
früher habe ich in solchen situationen oft alkool getrunken. das hat meine toleranz für unerträgliches erhöht. seit fast 14 jahren lebe ich abstinent, will keinen rückfall riskieren und muss sehr gut für mich sorgen.
ein ende der hitze ist in sicht (hier in den weinbergen bei freiburg nur noch bis mittwoch über 30 – 35 grad …)
ich wünsche lockeres durchkommen!
@Robert: Ich sagte nicht kalt, sondern kühl 🙂 Bei einer eiskalten Dusche stimmt das wohl. Die Erfahrung mit der kühlen Dusche dagegen habe ich gerade heute wieder gemacht. Das hält dann auch ’ne Weile und regt die interne Heizung gerade nicht an. Das heißt, ich habe einen geringen Anteil warmen Wassers mit drin.
Bei kalten Getränken stimme ich Dir zu. Ich hab hier gerade warmen Tee stehen. 🙂
Pingback: Wenn die Hitze zuviel wird… | innerwelt
Hallo Sabine,
mich erwischt es im Sommer (bei Hitze) ebenfalls öfters mit Overloads. Aber ich kann Dir den Tipp geben, gehe öfters (ruhige Stelle) an einen See, suche Dir einen Platz im Schatten und gehe oft zur Abkühlung in den See schwimmen.
Mir hilft dies im Sommer wenn es zu heiß ist. Laute Schwimmbäder ertrage ich nicht wegen den vielen Menschen und dem Lärm. Aber wie gesagt, ein schattiges und ruhiges Plätzchen am See und ab und ans etwas zur Abkühlung schwimmen im See kann die Hitze lindern.
Ich habe dadurch bei Hitze weniger Overloads.
LG
Ivonne
So einen See hat nicht jede in der Nähe, erst recht nicht mit ‘ruhigem Schattenplatz’. Muss zusätzlich bei der Wahnsinns-Hitze und hell knallendem Sonnenschein auch erst mal heile hinkommen – und wieder zurück …. Kannst du dir einen persönlichen exklusiven Limousinen-Service leisten (vollklimatisiert und mit abgedunkelten Scheiben, versteht sich)?
Bei mir Zuhause ist es nicht besser, aber wie oben schon einmal erwähnt wurde ist das die Natur und ich finde mich damit ab. Ich habe auch lange viele Haare (bis Taille) und binde sie zusammen und gehe mehrmals täglich mich mit etwas Wasser abkühlen. Dann setze ich mich raus und warte bis Wind kommt. Es geht, der Mensch ist ein Wesen welches sich anpassen kann mit ein wenig Hilfe vielleicht. Das Gefühl mag ich auch nicht von klebrigen Haaren und Schweiss, aber sauer werden kostet mich nur unnötig Energie.
Mir geht es wie Dir, die Hitze ist so ätzend und unerträglich – aber ich will mich mit diesem Gefühl nicht abfinden und suche also Abhilfe. Die Haare habe ich zu einem Dutt gewickelt – sieht unglaublich blöd aus, ist mir aber egal 🙂 In meiner Wohnung sehe ich auch gerne wie KleinBlödi aus, Hauptsache das Haargeklebe im Gesicht und an den Armen habe ich nicht. Ich mag meine langen Haare sehr – im Winter! Nun, sie sind verduttet – und das fühlt sich gleich viel besser an. Gewaschen und feucht zu einem Dutt gewickelt ist es noch erträglicher. Bettzeug habe ich verbannt und gegen ein Duschtuch ersetzt, das Bettlaken ist aus kühlendem Linon derzeit. Ich habe kein Problem damit, 4 mal täglich kurz unter die Dusche zu springen, wenn es mir hilft. Eincremen kann ich sowieso nicht ausstehen (das Eingeschmiere mit Sonnenmilch ist für mich der Inbegriff von „ekelig“), und die frisch geduschte trockene Haut fühlt sich sauber und sooo gut an 🙂 Im Baumarkt habe ich mir einen Turmventilator besorgt, das kostet zwar Strom – hilft aber ungemein! Die Fenster sind mit Fliegengitter präpariert, so kann ich immer etwas leichten Durchzug haben, ohne dass Krabbelflieger hereinkommen, denn DAS ist das allerschlimmste für mich…
Auf dem Sofa Frotteetücher auslegen vor dem Draufsetzen, eine Schale mit kaltem Wasser für die Füße. SO kann man es tatsächlich aushalten – einfach alle Umstände abstellen, die nerven, das nervt zwar auch, aber es macht das Leben erträglicher. Und dann gibt’s da bei Rossmann noch die Gelpads zum Kühlen – davon habe ich 5 Stück im Gefrierfach und hole mir die bei Bedarf einfach eines raus – für die Stirn, oder auf den Scheitel gelegt (der Dutt bammelt ja am Hinterkopf) 🙂 Mach einfach was – zeig der Hitze, wo der Hammer hängt, bei mir hat es bestens geholfen, hach…
Du erzählst das so witzig, ich habe in einer Tour geschmunzelt und auch ein paar Lachlaute von mir gegeben – aber Recht hast Du, stimmt. Das habe ich vergessen, ich mache das auch manchmal so, daß ich mir ne Schüssel mit Wasser hinstelle und die Füsse rein- und wieder rausziehe, Ventilator auf dem Tisch, Bettbezug als Decke nur..
Aber die Sabine hält es ja gar nicht aus mehr und da hilft der Tipp vielleicht, sich da, wo man nichts mehr tun kann und alles bereits Mögliche getan hat, zu versuchen sich mit dem Rest abzufinden. Ansonsten ist klar, Abhilfe schaffen, wo möglich.
Es hilft dem Kopf nicht verrückt zu werden, so meinte ich das.
Weil, wenn man versucht und versucht, man wird ganz verrückt dabei, wenn man es nicht los wird und verzweifelt immer mehr, ich kenne das.
Geben wir die Hoffnung nicht auf und hoffen jeden Tag neu…
Irgendwann sind wir durch mit der Hitze!!
Den einzigen Weg den ich gefunden habe, wenn ich etwas nicht aushalten kann, ist zu versuchen, mich damit abzufinden, mit dem was ich nicht ändern kann, statt dagegen an zu denken, wie ich es los werde, weil ich dann umso mehr alles empfinde, besonders diese Gedanken im Kopf und es dann erstrecht immer schlimmer wird und ich dann ebenfalls verzweifele.
In solchen Fällen versuche ich mich zu arrangieren mit den Umständen und dem Geschehen, es lindert ungemein.
Ich habe festgestellt, daß meine Gefühle meinem Denken folgen, nicht unbedingt in der selben Sekunde, aber es wirkt. Seitdem ist vieles leichter geworden für mich.
Ich kann ja nur für mich sprechen, aber vielleicht hilft es Dir auch, ich wünsche es Dir sehr ❤
Ich habe noch einen Tipp, aber traue mich kaum ihn auszusprechen, weil ich 'mal auf einem anderen Blog fürchterlich angegriffen worden bin deswegen, obwohl ich niemandem meine Meinung überstülpen wollte, nur Hilfe anbieten wollte, um sie jeder für sich überdenken zu können und dann selbst zu entscheiden.
Eine Tablette würde ich ja auch empfehlen, so selbstverständich auch die einzige und beste Art von Hilfe, die ich in meinem Leben erfahren habe.
Ich bete. Ich bete zu Jesus, dem Mittler zu Gott, ich habe ihm mein Leben vor gut 20 Jahren anvertraut, seitdem hat sich Schritt für Schritt alles zum Positiven verändert.
Er gibt mir Kraft zum Tragen und Linderungen und noch viel mehr Hilfen, die ich ohne ihn nicht hatte.
Das sind die einzigen Tipps, die ich zur Hilfe anbieten kann.
Liebe Grüße
Wenn Du meinst, daß dieses lieber nicht gepostet werden soll, dann lasse es ruhig. Im Grunde möchte ich Dir ja auch antworten, auch wenn ich denke, daß es allen Menschen helfen könnte.
Ich möchte aber nicht, daß es hier Stress wegen Gott u. Glauben gibt, wie auf dem anderen Blog, wo sich ein Mißverständnis auf das andere häufte irgendwie.
Nochmals, liebe Grüße,
Sabine Ricklefs
Hat dies auf autzeit rebloggt und kommentierte:
Genau so sieht es aus. Bei 33 Grad unterm Dach war es dann endgültig vorbei und ich habe den kühlen Laminatboden meinem Bett vorgezogen. An Schlaf war da zwar nicht zu denken, aber immerhin…
Puh … mir macht die Hitze zwar auch zu schaffen – erstaunlicherweise. Ich mag Wärme eigentlich. Noch 2003, im letzten wirklich heißen Sommer hier, habe ich sie genossen. Mittlerweile ist mein Körper das wohl nicht mehr gewöhnt, und mir fällt öfter mal der Kreislauf runter.
Vielleicht hilft es Dir ja, wenn Du vorm Schlafengehen duschst, und zwar so kühl wie möglich, wie Du es gerade noch aushalten kannst. Vielleicht reicht es dann zum Einschlafen, bis der Schweiß wiederkommt. Ich mach das manchmal an solchen Tagen, schon allein deshalb, weil ich mich nicht gern völlig durchgeschwitzt ins Bett lege.
Generell spreche ich eher auf Lärm denn aufs Wetter an. Dafür ist dann die Depression zuständig, die zuschlägt, wenn’s wieder kälter wird …
Gruß, Frosch
Nicht kalt duschen! Verschafft zwar während dessen eine kurze Abkühlung, aber:
„Anschließend bewirkt die vermeintliche Erfrischung allerdings genau das Gegenteil: Das frostige Abbrausen aktiviert die körpereigene Heizung …“
http://www.fr-online.de/gesundheit/-warum-eine-eiskalte-dusche-bei-hitze-nicht-hilft,3242120,23786468.html
Ähnlich ist es auch bei kalten Getränken.
Ich kann dir nur sagen, was mir gegen die Hitze hilft, die auch für mich unerträglich ist : entweder ein nasses Handtuch, welches optimalerweise einige Zeit im Kühlfach verbracht hat, Kühlakkus, die mit mir das Haus verlassen, wenn ich es denn verlasse 🙂 und ein Planschbekcen, welches ich auf meinem Balkon aufgebaut habe. Wenn nichts mehr hilft, dann gibt es nur noch eine Sache: kalt duschen.
Du bist die nächste, die ein KÜHLES Reiskissen bekommt! ❤